Beim Buchhändler aus Händen lesen. Humbug des Monats 05-2018

Denis UfferBlog, Humbug des Monats3 Comments

Orell Füssli, einer der grossen Buchhändler der Schweiz hat scheinbar sein Angebot ausgeweitet: Den Ladenbesuchern wird neu nicht mehr nur aus Büchern, sondern auch aus den Händen gelesen. Aus den Händen. Und nein, es handelt sich nicht um irgendein postmodernes Kunststück, wo dem Probanden mit „unsichtbarer“ Tinte ein nihilistisches Gedicht in die Handfläche geschrieben und später mit UV-Licht gelesen wird. Nein, es geht um Zukunftslesungen. Wahrsagerei aus der Handfläche williger Ladenbesucher. Bei so viel unsinnlichem Gelese sehen wir uns vom Team Humbug des Monats gezwungen, den Verantwortlichen bei Orell Füssli die Leviten zu lesen.

Leviten für Orell Füssli – ob die Hand zukunftstauglich ist? Und die Handschrift?

Mal wieder wird der naive Skeptiker, der den absurden und faktenfreien Humbug der Zukunftleserei aus menschlicher Hand an den Rand der Gesellschaft gedrängt glaubte, eines Besseren (oder Schlechteren) belehrt. Offen bleibt, ob Orell Füssli vielleicht gutartige philanthrophische Motive bei dieser Aktion hatte, um z.B. bildungsfernen und leseschwachen Menschen das Konzept „Lesen“ näher zu bringen. Natürlich wirft dies die Frage auf, wie ebengenannte Zielgruppe von diesem schriftlich bekanntgegebenen Angebot erfahren hätte. Auch bliebe man uns dann den Nachweis schuldig, dass Händeleserei mittelfristig zu mehr Buchstabenleserei führt.

„Ach ihr überempfindlichen Skeptiker!“, höre ich es schon wieder rufen. Warum stören wir uns denn an solch belanglosen Kleinigkeiten? Hat sich halt mal ein merkwürdiges esoterisches Angebot in die eine oder andere Filiale verloren. Orell Füssli wird sich doch mit seiner langen Geschichte, die bis zum Druck grosser Texte der französischen Aufklärung zurückreicht, kaum ernsthaft im esoterischen Sumpf verloren haben. Na dann kann ich ja nur noch die nächste Veranstaltung empfehlen. Diese richtet sich an all jene, die sich Sorgen über ihr besonders hässliches Schriftbild machen: Eine Sprechstunde für in Pseudowissenschaft fundierte Graphologie.

Damit ist es klar: Orell Füssli verdient sich den Humbug des Monats für den Mai 2018. Bravo!

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