Die Rezensionen sind mit wenigen Ausnahmen von Philipp Wehrli geschrieben.
Bücher von Vereinsmitgliedern
Philip Wehrli, ‚Das Universum, das Ich und der liebe Gott‘, (2017), Nibe Verlag
In diesem Buch präsentiere ich einen Gesamtüberblick über mein Weltbild: Wie ist das Universum entstanden? Wie ist das Leben auf der Erde entstanden? Was ist Bewusstsein und woher kommt es? Braucht es dazu einen Gott?
Viele Artikel dieses Blogs werden in diesem Buch in einen einheitlichen Rahmen gebracht, so dass sich ein (ziemlich) vollständiges Weltbild ergibt.
Leserunde bei Lovelybooks zum Buch ‚Das Universum, das Ich und der liebe Gott‘, von Philipp Wehrli (abgeschlossen)
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Film-Präsentation zum Buch
Nibe Verlag
Philip Wehrli, ‚Wie das Dideldum sich selbst erfand – Eine Abenteurreise durch die Physik‘, (2006), edition Fischer
Jugendbuch
Die zwölfjährige Jasmin rettet ein fremdartiges Wesen vor dem Ertrinken. Es nennt sich Dideldum, sieht aus wie ein Kartoffelsack und behauptet, es habe sich gerade selbst erfunden. – Kann sich etwas selbst erfinden?
Jasmin wird in die seltsame Welt des Dideldums entführt und erlebt dort Kuriositäten, welche wie aufgeblasene Effekte aus der Quantenphysik und der Relativitätstheorie erscheinen. Es scheint tatsächlich, als habe sich das Dideldum selbst erfunden. So, wie unser Universum sich selbst erfunden hat?
Bücher mit Rezensionen
Skeptizismus
Bedienungsanleitung für deinen Verstand: Kritisch denken in einer Welt voller Halbwissen, Steven Novella, Riva Verlag (2019), ISBN: 9783742308283
Wir leben in einer Welt voller Fehlinformationen, Vorurteile und Mythen. Es gibt keine Quelle des Wissens, auf die wir uns stets verlassen können – nicht einmal Google. So bleibt uns nur, den eigenen Verstand zu nutzen, um alles kritisch zu hinterfragen. Der beliebte Podcast The Skeptics’ Guide to the Universe kämpft mit logischem Denken, skeptischem Hinterfragen und einer guten Portion Humor gegen Aberglaube und Unwissen.
In diesem Buch entlarven die Macher des Podcasts Verschwörungstheorien und Pseudowissenschaft. Ihr Leitfaden durch das Labyrinth des modernen Lebens gibt dir nicht nur Hilfestellung beim klugen Denken, sondern eröffnet außerdem aufschlussreiche Einblicke in die Funktionsweise des Gehirns.
Der Gotteswahn, Richard Dawkin, Ullstein Taschenbuch Verlag (2016), ISBN: 9783548376431
‚Der Gotteswahn’ stand während Wochen auf verschiedenen Bestsellerlisten und das zu Recht. Es ist ein aggressives, provokatives Buch von einem militanten Atheisten (so nennt Richard Dawkins sich selber). Dawkins schreibt mit bissigem, scharfem Humor und er hinterlässt Verletzte, und zwar nicht nur solche, die es verdient hätten. Kann ein solches Buch ‚zu Recht’ auf den Bestsellerlisten stehen?
Die Neuen Atheisten, zu deren Kern ‚the four horsemen’ Richard Dawkins, Daniel Dennett, Christopher Hitchens und Sam Harris zählen, sehen sich als Gegenbewegung des religiösen Fundamentalismus. Sie lehnen auch die gemässigte Religion ab, weil diese dem irrationalen Glauben den Weg bereite. Religion und Naturwissenschaften seien unvereinbar, weil erstere auf blindem Glauben beruhe, während die Naturwissenschaften auf der konsequenten Forderung nach Evidenz basieren. Der blinde Glaube ermögliche Terroranschläge, Inquisition, Religionskriege und Hexenverbrennungen. Die Aufklärung als Gegenbewegung zum blinden Glauben habe uns dagegen Menschenrechte, Demokratie, Humanität und wissenschaftlichen Fortschritt gebracht, man denke nur an die moderne Medizin!
Auch als Atheist muss man dieser Analyse nicht zustimmen. Aber es ist wohl an der Zeit, genauer hinzuhören. Die Situation der Atheisten ist nämlich tatsächlich bemerkenswert. Einerseits sind die allermeisten Naturwissenschaftler Atheisten oder Agnostiker oder haben zumindest eine völlig andere Vorstellung von Gott, als die Durchschnittsbevölkerung. Gleichzeitig werden Atheisten in vielen Ländern diskriminiert. Das geht bis zur Todesstrafe in manchen arabischen Ländern. Aber auch in den sogenannt freien, säkularen USA werden Atheisten in manchen Staaten nicht als Zeugen zugelassen und bekennende Atheisten haben keine reelle Chance, in ein öffentliches Amt gewählt zu werden. Da müssen doch zumindest die Fragen erlaubt sein: Wie kommt es, dass in einer Gesellschaft, die bis in die hintersten Winkel auf Technologie und Naturwissenschaften basiert, Naturwissenschaftler ihr Weltbild verheimlichen müssen? Wie kann es sein, dass Menschen, die das Weltbild der Naturwissenschaftler teilen, in Wahlkämpfen massiv schlechtere Chancen haben?
Ist das gut, wenn unsere klügsten Köpfe ihr Weltbild verheimlichen müssen? – Bereits im 19. Jahrhundert konnte John Stuart Mill zu recht sagen: „Die Welt wäre erstaunt, wenn sie wüsste, welch grosser Anteil ihrer hellsten Zierde, derer, die selbst nach volkstümlichen Einschätzungen von Weisheit und Tugend am angesehendsten sind, der Religion ganz und gar skeptisch gegenüberstehen.“
Insbesondere bestreitet Dawkins, dass wir vor dummen Aussagen einen besonderen Respekt haben müssen, nur weil sie religiös sind. Er zeigt an einer Reihe von Beispielen aus der Bibel, wie grausam deren moralische Grundhaltung ist. Dabei ist sich Dawkins bewusst, dass viele Christen diese Geschichten nicht wörtlich, sondern symbolisch verstehen. Er gibt auch zu, dass es durchaus wertvolle Textstellen in der Bibel gibt. Daraus schliesst er aber, dass wir unsere Moral eben nicht aus der Bibel beziehen. Wir haben bereits ohne Religion ein Wissen über Gut und Böse. Und genau dieses Wissen verwenden gemässigte Gläubige, um geeignete Bibelstellen auszuwählen und andere weg zu lassen.
Nur wenige Gläubige werden z. B. die Geschichte vom Sündenfall wörtlich nehmen. Adam und Eva sind symbolisch zu verstehen. Die Kreuzigung aber ist für einigermassen gläubige Christen die Sühne der Erbsünde. Das bedeutet, wie Dawkins erklärt: „Um sich selbst zu beeindrucken, musste Jesus also gefoltert und hingerichtet werden, als stellvertretende Bestrafung für eine symbolische Sünde, begangen von einer Person, die gar nicht existiert hat?“
Ob es nötig oder schädlich ist, solch eine Ansicht als ‚dumm’ zu verspotten, mag jeder für sich entscheiden. Aber wenn die christliche Kirche derart verquere Ansichten über Schuld und Sühne hat, müssen wir dann ausgerechnet dieser Kirche in jeder Ethikkommission einen speziellen Platz reservieren? – Während gleichzeitig die Naturwissenschaftler mit ihrer Meinung zurück halten müssen, um dies noch einmal zu erwähnen!
Ist aber der Titel ‚Gotteswahn’ berechtigt? – Dawkins zitiert den Neurologen Sam Harris: „Für Menschen, die viele Überzeugungen ohne rationale Rechtfertigung haben, gibt es verschiedene Bezeichnungen. Sind ihre Überzeugungen sehr weit verbreitet, nennen wir sie ‚religiös’; ansonsten sagt man gern, sie seien ‚verrückt’, ‚psychotisch’ oder ‚wahnsinnig’. …
Also sind religiöse Menschen zwar nicht generell geistesgestört, aber ihre Kernüberzeugungen sind es durchaus.“
Man spürt die Empörung, man spürt aber immer auch, dass die Empörung gar nicht so übel begründet ist. Wer sich ernsthaft für eine humanere Welt einsetzen will, sei dies nun mit oder ohne Religion, der muss sich solchen Fragen stellen. Richard Dawkins stellt solche Fragen mit ätzender Schärfe. Dafür gebührt ihm Dank.
Evolution
Signale der Verständigung: Das Handicap-Prinzip, Amotz Zahavi und Avishag Zahavi, Insel Verlag (1998), ISBN: 9783458169277
„Wenn ich die Federn im Schwanz eines Pfaus sehe, wird mir übel,“ schrieb Charles Darwin ein Jahr, nachdem er sein Buch über die Entstehung der Arten veröffentlicht hatte. Wie können sich so unpraktische, hemmende Federn, mit denen der Vogel kaum fliegen kann, in der Evolution durchsetzen? – Elf Jahre später erklärte er das Pfauenrad mit der sexuellen Selektion: Pfauen-Weibchen mögen imposante Räder.
Diese Erklärung ist unbefriedigend. Denn weshalb sollten Pfauen-Weibchen so etwas Unpraktisches und Gefährliches mögen? Die langen Federn würden ja an die eigenen Nachkommen vererbt und auch die Nachkommen beim Fliegen behindern.
Das Handicap-Prinzip komplettiert Darwins Idee. Weibchen lieben das Rad, gerade weil es eine Behinderung ist. Nur ein top-fitter Pfau kann es sich leisten, so lange Federn zu haben. Wir kennen das Phänomen aus dem Zirkus: Der Seiltänzer geht nicht einfach über das Seil. Nein, er verbindet sich die Augen und geht rückwärts.
Die Zahavis führen das Handicap-Prinzip an unzähligen Beispielen vor. Dadurch lernt man erstens ungeheuer viel über verschiedene Tierarten. Man kriegt zweitens ein Auge dafür, z. B. beim nächsten Zoobesuch selbst weitere Beispiele zu entdecken. Und drittens lernt man sehr unterhaltsam die Denkweise der Evolutionsbiologen.
Wenn sich Wölfe einer Herde von Gazellen nähern, gehen einzelne Gazellen den Wölfen entgegen und springen senkrecht hoch in die Luft. Wie kommen sie dazu, sich so unnötig einer Gefahr auszusetzen? – Solche Sprünge, dazu noch in der Nähe der Wölfe, kann sich nur eine kräftige Gazelle leisten, die sich sicher ist, bei einer Verfolgungsjagd zu entkommen. Wölfe sehen den Sprüngen an, wie fit die Gazelle ist. Weder die Gazelle noch die Wölfe haben Interesse an einer unnötigen kräfteraubenden Verfolgungsjagd. Die Wölfe werden sich also ein schwächeres Opfer aussuchen.
Viele Schmetterlinge und Motten sind giftig, weil sie giftige Pflanzen fressen. Bei den Männchen ist das Gift ein Pheromen, das beweist, dass das Männchen so kräftig ist, dass es sehr viele giftige Pflanzen verträgt. Der Rosapelikan hat in der Paarungszeit einen Wulst zwischen seinen Augen, der ihm die Sicht auf Fische versperrt, die in seiner Schnabelnähe durchschwimmen. Er beweist damit, dass er ein so geschickter Fischer ist, dass er trotz dieser Behinderung genug Fische fängt. Sehr ähnlich beweisen Party-Gänger in der Disco mit einer Sonnenbrille ihre besondere Coolness.
Wer solche Beispiele mag und mehr über die Tierwelt und auch über die menschliche Angeberei erfahren will, findet in Zahavis Buch eine wahre Fundgrube.
Bewusstsein und Gehirnforschung
Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte, Rainer Zitelmann, ROWOHLT Taschenbuch (1990), ISBN: 9783499187803
Obwohl ich mich schon lange mit Sinnestäuschungen, mit der Gehirnforschung und mit Theorien über das Bewusstsein befasst hatte, wurde mir erst mit diesem Buch klar, wie viel ich ständig als selbstverständlich voraussetzte. „Ich glaube, was ich gesehen habe“, dachte ich etwa. Und realisierte nicht, dass mein Gehirn mir eine komplette Welt vorgaukeln konnte. Der Neuropsychologe Oliver Sacks beschreibt eine Reihe skurriler Fälle aus seiner Praxis und führt uns dabei vor Augen, wie zerbrechlich das menschliche Bewusstsein doch ist.
Ein Mann mit gesunden Augen und überdurchschnittlicher Intelligenz verliert nach und nach seine Fähigkeit Bilder wahrzunehmen, ohne dies selber zu bemerken. Er kann zwar noch winzige Details sehen und erkennen, kann aber seinen Fuss nicht mehr von seinem Schuh unterscheiden. Beim Abschied streckt er statt dem Arzt einer Standuhr die Hand hin. Und als er den Hut aufsetzen will, greift er nach dem Kopf seiner Frau. Ab und zu scheint er sich über einen seiner Missgriffe zu amüsieren, aber er bemerkt nicht, dass er praktisch nichts mehr sieht.
Ein anderer Mann erwacht und stellt entsetzt fest, dass „jemand wohl als Scherz ihm ein fremdes Bein in sein Bett gelegt hat.“ Er will das Bein loswerden und wirft es aus dem Bett. Dabei fällt er selbst heraus und bemerkt entsetzt, dass „das Bein am Körper angewachsen ist.“
Eine Frau verliert nach einem Hirnschlag die gesamte linke Seite der Welt. Sie sieht diese Welt nicht mehr und kann sich auch nicht mehr daran erinnern. Wenn sie etwas vermisst, dreht sie sich so lange nach rechts, bis der vermisste Gegenstand auftaucht. Denn nach links drehen, nach dieser Seite, die es gar nicht gibt, das kann sie nicht. Wenn sie einen ihr bekannten Platz beschreiben muss, beschreibt sie alle Häuser auf der rechten Seite und ist überzeugt, den Platz vollständig beschrieben zu haben. Bittet man sie aber, sich in Gedanken umzudrehen, so kann sie kurz darauf all die Häuser beschreiben, die sie eben erst vergessen hatte. Dafür sind ihr diejenigen entglitten, die sie eben erst aufgezählt hatte.
Umgekehrt bemerken wir wohl viele Dinge nicht, die unsere Sinne eigentlich wahrnehmen könnten. Eindrücklich zeigt dies der Fall ‚Hundenase’. Ein Mann erhält als Nachwirkung von Drogen einen übermenschlich feinen Geruchssinn. Er erkennt seine zwanzig Mitpatienten am Geruch, kann ihre Gefühle – Angst, Zufriedenheit, sexuelle Erregung – wie ein Hund riechen.
Oliver Sacks erzählt unterhaltsam und genussvoll all die skurrilen Details von 24 seiner Patienten. Sorgfältig beschreibt er, was diese wahrnehmen und wie es sich auf ihren Alltag auswirkt. Über die neurologischen Grundlagen oder über die Theorien zu den Krankheiten berichtet er nichts. Wie die Menschen therapiert werden, erfährt man nicht. Es geht Sacks nur um das Phänomen. Dennoch begreift man beim Lesen ungeheuer viel von der menschlichen Natur. Wie der menschliche Geist funktioniert, erkennt man wohl am besten, wenn gewisse Dinge nicht mehr funktionieren. Wer den Menschen kennenlernen will, muss dieses Buch lesen!
Hier findet man eine Kurzfassung mancher der im Buch geschilderten Phänomene:https://fragen-raetsel-mysterien.ch/experimente-und-fakten-zum-thema-bewusstsein/
Flächenland, Edwin Abbott Abbott, RaBaKa-Publishing (2009), ISBN: 9783940185150
Können wir über unsere beschränkten Sinne hinaus Dinge erkennen? Könnte es Dimensionen geben, die wir nicht sehen? – Um solche Fragen dreht sich der Lebensbericht eines Quadrats, das auf sein Leben in einer zweidimensionalen Welt zurück blickt.
Die weiblichen Protagonisten in diesem Flächenland sind Strecken, die männlichen sind Vielecke, wobei die Intelligenz mit der Anzahl der Ecken steigt. Dass die Frauen keine, bzw. nur zwei Ecken besitzen, sagt einiges über das Frauenbild des Autors aus, das aber im England des 20. Jahrhunderts üblich war. Die geometrischen Figuren leben in einer zweidimensionalen Welt, und es ist offensichtlich das Ziel des Buches aufzuzeigen, wie so ein Leben in einer Welt mit nur zwei Raumdimensionen aussehen würde.
Zunächst einmal erklärt das Quadrat, was denn Lebewesen in einer zweidimensionalen Welt sehen würden. Von einem Fünfeck sind ja z. B. immer höchstens drei Ecken sichtbar. Um zu erkennen, dass es sich um ein Fünfeck handelt, muss man das Gegenüber daher bitten, sich zu drehen.
Danach lernt das Quadrat fremde Welten mit anderen Dimensionszahlen kennen. Als erstes träumt es von einer Linienwelt, wo es erfolglos versucht, den Bewohnern zu erklären, dass es mehr als nur die eine, für sie sichtbare Dimension gibt. Danach, in einem wunderbaren Moment, taucht eine Kugel in die 2D Welt ein: Das Quadrat sieht davon zuerst nur einen kleinen Punkt, der aber schnell anwächst, wieder schrumpft und schliesslich ganz verschwindet. All diese geometrischen Überlegungen werden mit geeigneten Abbildungen veranschaulicht, so dass auch Kinder sie verstehen können.
Die Kugel erklärt dem Quadrat von der 3D Raumwelt. Aber als das Quadrat seinen Flächenländlern von diesem wunderbaren Erlebnis erzählt, wird es als Ketzer abgestempelt. Ganz am Schluss macht sich das Quadrat Gedanken darüber, ob es nicht auch Welten geben könnte, die noch mehr Dimensionen haben. Solche Überlegungen sind bemerkenswert, da sie doch Jahrzehnte vor Einsteins Relativitätstheorie aufgeschrieben wurden, durch welche zusätzliche Raumdimensionen erst die heutige Popularität erreichten.
Als Jugendbuch kommt die Erzählung natürlich nicht an andere Jugendbücher heran. Jugendliche identifizieren sich nun einmal eher mit Typen wie Tom Sawyer, Pippi Langstrumpf oder Harry Potter, als mit einem betagten Quadrat, das sich sein Leben lang mit geometrischen Überlegungen beschäftigt hatte.
Wer sich von diesem Buch Erkenntnisse zur modernen Physik erhofft, wird wohl auch enttäuscht. Das wirklich Neue und Schwierige an der allgemeinen Relativitätstheorie ist nicht, dass sie in vier Dimensionen spielt, sondern dass die Dimensionen gekrümmt sind. In der Stringtheorie, in der man von 10, 11 oder noch mehr Dimensionen ausgeht, sind diese Krümmungen der Grund, weshalb wir die Dimensionen nicht sehen. Wer darüber mehr erfahren möchte, ist mit Brian Greene, ‚Das elegante Universum’ oder mit Michio Kaku, ‚Im Hyperraum – Eine Reise durch Zeittunnel und Paralleluniversen’ besser bedient. Nichtsdestotrotz hat Abbott uns ein hübsches und lesenswertes Büchlein geschenkt.
Vom Gehirn zum Bewußtsein, Wolf Singer, Suhrkamp (2006), ISBN: 9783518068588
Manche Leser ärgern sich darüber, dass das Büchlein nur Text enthält, der bereits veröffentlicht wurde, zum ersten Mal von den Herausgebern Norbert Elsner und Gerd Lüer in ‚Das Gehirn und sein Geist’, danach noch einmal in Wolf Singer, ‚Der Beobachter im Gehirn. Essays zur Hirnforschung’. Das ist der Grund dafür, weshalb das Buch bei Amazon vergleichsweise schlechte Kritiken gekriegt hat. Sicher kann man darüber streiten, ob solche Mehrfachpublikationen sinnvoll sind. Es bedeutet aber nicht, dass der Text weniger gut ist.
Wer sich dafür interessiert, wie ein Neurologe mit philosophischem Durchblick über das Bewusstsein denkt, der kann dies hier auf nur 57 Seiten nachlesen. Dass der Autor in dieser Kürze nicht alle Details diskutieren kann und nicht auch noch den Aufbau des Gehirns erklärt, versteht sich von selbst.
Wolf Singer kommt zu einer ähnlichen Schlussfolgerung, wozu das Bewusstsein gut ist, wie ich hier: https://fragen-raetsel-mysterien.ch/wozu-ist-bewusstsein-gut/
Ökonomie
Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung, Rainer Zitelmann, FinanzBuch Verlag (2018), ISBN: 9783959720885
Es ist zu begrüssen, dass Zitelmann die Wirkung verschiedener Wirtschaftssysteme an realen historischen Beispielen zeigen will. Damit hebt er sich wohltuend von anderen Autoren ab, die lediglich theoretische Behauptungen aufstellen. Wenn am Ende aber doch eine Schlussfolgerung gezogen werden soll, welches Wirtschaftssystem nun das geeignetste ist, müssten eben doch zumindest die Begriffe differenziert genug verwendet werden. Daran mangelt es leider.
Gleich zu Beginn stellt Zitelmann klar, dass er die Begriffe ‚Marktwirtschaft’ und ‚Kapitalismus’ synonym verwendet. Er unterscheidet rudimentär zwei Möglichkeiten, eine Wirtschaft zu organisieren: Im ersten Fall gibt es kein Privateigentum. Planungsbehörden legen fest, was in welcher Menge produziert wird. Im zweiten Fall wird das Privateigentum garantiert. Aufgrund der geschilderten Beispiele soll der Leser zwischen diesen zwei Möglichkeiten auswählen. Wer nach weiteren, differenzierteren Modellen fragt, muss selbst recherchieren.
In den folgenden Kapiteln zeigt er an einer Reihe von weitgehend überzeugenden Beispielen rund um den Globus, dass eine möglichst freie Marktwirtschaft zu mehr Wohlstand für alle führt, insbesondere auch für die einfachen Arbeiter. Wenn z. B. in England vor Thatcher fast während einem Drittel des Jahres wegen oft absurden Forderungen gestreikt wurde und wenn die Arbeiter sogar von Arbeitern anderer Firmen zum Streik gezwungen werden konnten, dann leuchtet sogleich ein, dass der Wohlstand sinken musste. Es tut gut, sich wieder einmal vor Augen zu halten, mit welch grotesken staatlichen Eingriffen das Unternehmertum gebremst wurde und z. T. heute noch gebremst wird. So stimme ich Zitelmann über weite Strecken zu, wenn er für freien Markt plädiert. Wer für die Allgemeinheit etwas leistet, soll dafür belohnt werden. Er soll Eigentum anhäufen dürfen und dieses Eigentum soll geschützt sein.
Nun kann man durchaus zustimmen, dass Planwirtschaft zu verheerenden Auswüchsen führen kann. Daraus zu folgern, jegliche soziale Abfederung des freien Marktes sei schädlich, ist etwas ganz anderes. Die Frage ist: Wie viele verhungernde Kinder soll der Staat akzeptieren, bevor er in den Markt eingreift?Und: Wie brutal soll der Staat Massenproteste unterbinden, wenn die Familien der verhungerten Kinder auf die Strasse gehen? –Immerhin findet Zitelmann auch für die Militärdiktatur unter Pinochet einige positive Worte. Zitelmann grenzt sich zwar gegen Pinochets Folterungen ab. Nicht schlüssig zeigen kann er aber, ob Pinochets kapitalistischer Weg tatsächlich völlig von der massiven Gewalt getrennt werden kann. Denn nach dem neoliberalen Modell sinken die Löhne so lange, bis ein Land wieder konkurrenzfähig ist. Dass Menschen einem zu tiefen Lohn verhungern und deshalb gar nicht mehr arbeiten oder dass es bei zu tiefen Löhnen zu einem Bürgerkrieg kommen könnte, ignoriert das Modell.
Es wäre also spannend gewesen, wenn Zitelmann nicht nur die krassen Verfehlungen des Sozialismus geschildert hätte, sondern auch z. B. den „New Deal“ unter Franklin D. Roosevelt. Immerhin sind die USA nach Roosevelts radikalem Sozialprogramm nicht zusammen gebrochen, sondern von einem hungernden Land zur Weltmacht Nr. 1 aufgestiegen. Auch wenn Zitelmann eigentlich zeigen wollte, wie verheerend jede Form von staatlichen Eingriffen ist, so zeigen solche Beispiele vor allem, wie wichtig es ist, zwischen freiem Markt und sozialer Abfederung ein gutes Gleichgewicht zu finden.
Leider vermeidet Zitelmann eine Stellungnahme, wie dieses Gleichgewicht angesichts der globalen Konzerne mit Quasi-Monopolstellung und angesichts der jüngsten der ‚too big to fail’ Problematik aussehen könnte. Etwas wirr scheint hier sein Bericht über die Immobilienkrise von 2008. Zu Recht kritisiert er die US-Regierungen unter Carter und Clinton, die von den Banken absurderweise verlangten, Hypothekendarlehen auch an kreditunwürdige Haushalte zu vergeben. Dass die US-Regierung damit eine Mitschuld an der Krise trägt ist nicht zu bestreiten. Die ganze Schuld dem Staat zuzuweisen, ist aber nicht haltbar. Denn richtig Schwung bekam die Immobilienblase erst auf dem freien Markt. Und als schliesslich auch europäische Banken und Investoren bei dieser Aktion mitmachten, taten sie dies auch nicht im Auftrag des Staates.
Auch im Totalversagen der Ratingagenturen sieht Zitelmann kein Marktversagen: „Von einem Markt und freiem Wettbewerb kann man hier nicht sprechen, denn es gab und gibt ein Oligopol weniger Ratingagenturen…“, schreibt er dazu nur und bleibt die Antwort schuldig, durch welche Eingriffe die Staaten dieses Oligopol verursacht haben sollen. Für mich gehört dies zum Unverständlichsten an der Finanzkrise: Weshalb sich heute noch irgendjemand für die Ratings von S&P, Moody’s und Fitch interessiert, nachdem sie sich derart blamiert haben.
Von diesen Vorbehalten abgesehen, sind die Betrachtungen über die Vorteile des freien Marktes und die Problematik staatlicher Eingriffe durchaus wertvoll und empfehlenswert.
‚Kapitalismus’ bedeutet aber viel mehr als freier Markt. ‚Kapitalismus’ bedeutet nicht nur, dass das Eigentum geschützt wird, sondern dass sich das Eigentum von selbst vermehrt . Wer Vermögen, also Kapital, besitzt, soll Zinsen kriegen. Wer reich genug ist, soll noch reicher werden, auch wenn er gar nicht mehr arbeitet. Ein Milliardär z. B., der sein Vermögen ungeschickt anlegt, verdient auch bei den heutigen tiefen Zinsen problemlos 10-100 Millionen pro Jahr. Ohne zu arbeiten. Wenn er diese 10-100 Millionen nicht ausgibt, wird er reicher: Das bedeutet Kapitalismus.
Zitelmann ist der Ansicht, der Staat sei verpflichtet, nicht nur das Eigentum, sondern auch den Zuwachs des Eigentums sicher zu stellen. So erklärt er beispielsweise, die Zentralbanken hätten die Finanzkrise 2008 verursacht. Denn durch die niedrigen Zinssätze seien die Investoren „in immer riskantere Aktien und Anleihen getrieben“ worden. Denn institutionelle Investoren hätten „ihren Kapitalgebern eine bestimmte Verzinsung in Aussicht gestellt.“ Nachdem Zitelmann während 170 Seiten jeden staatlichen Eingriff ablehnt, soll also der Staat dafür sorgen, dass die Vermögenden den von ihren Investoren versprochenen Zins erhalten. Kapitalismus bedeutet genau das: Dass sich die Geldvermögen ohne Risiko und ohne Arbeit von selbst vermehren. Das ist etwas völlig anderes als freier Markt. Deshalb ist es verheerend, wenn Zitelmann die Begriffe ‚freie Marktwirtschaft’ und ‚Kapitalismus’ synonym benützt.
Tatsächlich hat er zwar die Marktwirtschaft sehr gut verstanden, den Kapitalismus aber, also die Selbstvermehrung der Vermögen, umso weniger.
Die Selbstvermehrung der Vermögen ist ein künstliches Konstrukt. Reale Vermögenswerte wie Lebensmittel, Maschinen oder Immobilien zerfallen, wenn sie nicht gepflegt werden. Mit dem Geld haben wir aber einen Vermögenswert geschaffen, der nicht nur nicht zerfällt, sondern sich sogar durch Zins und Zinseszins vermehrt . Bezahlt wird diese Vermögensvermehrung von der Allgemeinheit. Denn in allen Dingen, die wir kaufen, und in allen Dienstleistungen, die wir beziehen, steckt ein Kapitalanteil. Dieser beträgt heute je nach Ware 30-50% des Kaufpreises und deckt die Zinsen, welche die Produzenten für ihre Kredite, Hypotheken und Shareholder abgeben müssen. Kapitalismus ist also vor allem ein sehr teures Wirtschaftssystem: 30-50% unserer Ausgaben zahlen wir allein dafür, dass unser Geldsystem funktioniert. Angesichts dieser ungeheuren Kosten, wird erstaunlich wenig darüber diskutiert, ob der Kapitalismus wirklich das beste System ist.
Wenn Zitelmann nun für den Kapitalismus plädiert, dabei aber nur Argumente für den freien Markt präsentiert und die Selbstvermehrung der Vermögen völlig ausblendet, behindert dies eine sachliche Diskussion. Tatsächlich hat er diesen Punkt aber gar nicht verstanden. Er schliesst sein Buch nämlich mit einem Lamento, wie stark die Schulden weltweit steigen: „Rechnet man die Verschuldung von Staaten, Unternehmen und privaten Haushalten in den 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländern zusammen, dann belaufen sie sich laut IWF-Bericht von Oktober 2017 auf 135 Billionen Dollar bzw. 235 Prozent (!) der jährlichen Wirtschaftleisung Damit sind die Schulden so hoch wie niemals zuvor.“
Das ist lustig. Denn die kumulierten Schulden sind immer gleich hoch wie die kumulierten Geldvermögen. So wird nämlich auf der ganzen Welt das Geld geschaffen. Wenn Zitelmann von den Staaten verlangt, dass sie den Vermögenszuwachs garantieren, dann verlangt er gleichzeitig, dass die Staaten sicherstellen, dass die Verschuldung wächst. Die Schulden sind das Spiegelbild der Geldvermögen. Von den Regierungen zu fordern, dass sie das Wachstum der Geldvermögen garantieren, aber gleichzeitig das Wachstum der Schulden stoppen, ist Unsinn.
Zitelmann liefert einige bemerkenswerte Argumente für die freie Marktwirtschaft. Zur Schuldenproblematik , zur grundsätzlichen Instabilität des Finanzsystems, zur ‚too big to fail’ Problematik und zur Problematik globaler Konzerne mit Quasi-Monopolstellung trägt sein Werk leider nichts bei. Siehe dazu: https://fragen-raetsel-mysterien.ch/sample-page/das-zinsproblem-die-tieferen-ursachen-der-schuldenkrise/
Allgemeine Wissenschaft
Das Buch der verrückten Experimente, Reto U. Schneider, Goldmann Verlag (2006), ISBN: 9783442153930
Wie wiegt man die Seele? Kann man künstlich Regen erzeugen? Wie bringt man einen Toten dazu, mit den Augen zu zwinkern? Wie lange geht es, bis ein Psychiater merkt, dass sein Patient völlig normal ist? Gibt es Leben auf dem Mars? Woran erkennt man an einem Spinnennetz, wie bekifft die Spinne ist? Wie findet ein Hund den schnellsten Weg, um einen Stock aus dem Wasser zu fischen, obwohl er nichts von Analysis versteht und sogar Mühe hat, ein einfaches Polynom zu differenzieren?
Reto Schneider stellt 111 der verrückte Experimente aus unterschiedlichen Fachbereichen vor.
Um ihre Neugier zu befriedigen, machen Forscher die unglaublichsten Dinge. Stubbins Ffirth träufelte sich das Erbrochene von Gelbfieberpatienten in eine eigens dazu in den Unterarm geschnittene Wunde, er trank vom Blut und vom Erbrochenen des Patienten, um zu beweisen, dass Gelbfieber auf diese Weise nicht übertragen wird. F. Eigenberger spritzte sich Mambagift in den Unterarm, um dessen Wirkung zu testen.
Studenten mussten sich während einer halben Stunde in nassen Socken in den kühlen Durchzug stellen, um das Erkältungsrisiko zu messen. Barry Marshall infizierte sich absichtlich mit Bakterien, um eine Magenschleimentzündung zu kriegen und damit zu beweisen, dass Bakterien im Magen überlebten und dass Magenschleimentzündungen und Geschwüre mit Antibiotika geheilt werden können.
Einige Erkenntnisse haben im Alltag Bedeutung. Z. B.: Frauen setzen sich in Wartzimmern mit Vorliebe auf einen Stuhl, der mit männlichem Achselschweiss bestrichen wurde. Männer verlieben sich eher auf einer Hängebrücke als auf einer Steinbrücke. Totaler Schlafentzug führt schneller zum Tod als das totale Fehlen von Nahrung. Eine Karfreitagspredigt unter Drogen wird von fast allen Testpersonen auch 25 Jahre später als einer der Höhepunkte ihres spirituellen Lebens bezeichnet. Wenn ein Menschenkind mit einem Affenbaby zusammen grossgezogen wird, lernt zwar das Menschenkind, sich wie ein Affe zu benehmen, der Affe bleibt aber ein Affe. Frauen mit Lippenstift übertragen beim Küssen 40% mehr Keime als Frauen ohne Lippenstift. (Das ahnen die meisten Männer instinktiv. Lippenstift wird denn auch nicht für die Männer aufgetragen, sondern weil die Frauen andere Frauen ärgern wollen).
Andere Experimente sind tragisch. Affenbabys, die von ihrer Mutter getrennt werden, hüllen sich in weiche Decken und wenn ihnen nichts Weiches gelassen wird, sterben sie in wenigen Tagen. Aus heutiger Sicht ist dieses Experiment nichts als widerliche, sinnlose Tierquälerei. Das Experiment stammt aber aus einer Zeit, als Erziehungsratgeber junge Mütter davor warnten, ihren Babys zu viel Liebe zu schenken. Der Forscher Harry Harlow erklärte dies einem Journalisten mit den Worten: „Bedenken Sie, dass auf jeden misshandelten Affen eine Million misshandelter Kinder kommen. Wenn meine Arbeit dies verdeutlicht und auch nur eine Million Menschenkinder rettet, kann ich mich über zehn Affen nicht übermässig ereifern.“
Das Buch der verrückten Experimente ist unterhaltsam, leicht zu lesen, teils lustig, teils ekelerregend. Einige Experimente sind lehrreich, andere stimmen nachdenklich, wieder andere sind vollkommen schräg.
Im Anfang war der Wasserstoff, Hoimar von Ditfurth, dtv Verlagsgesellschaft (1997), ISBN: 9783423330152
Der Arzt und Wissenschaftsjournalist Hoimar von Ditfurth widmete sein Lebenswerk der Verbreitung der naturwissenschaftlichen Erkenntnis, sowohl als Autor verschiedener populärwissenschaftlicher Bücher als auch als Fernsehmoderator und als Begründer und Herausgeber der wissenschaftlichen Zeitschrift ‚Mannheimer Forum’. Dabei ging es ihm immer darum, den Blick über den Zaun auf andere Fachgebiete und auf das grosse Ganze zu ermöglichen. Ditfurths Buch, ‚Der Geist fiel nicht vom Himmel’ ist eines der besten populärwissenschaftlichen Bücher aller Zeiten. Dies sei klargestellt, bevor ich das vorliegende Buch kritisiere. Denn bei diesem sind Ditfurth leider eine ganze Reihe von Ungenauigkeiten unterlaufen.
Z. B. auf S. 35 zur Relativitätstheorie: Wenn ein Beobachter in einem Raumzeit-Punkt A das Licht von zwei Vulkanausbrüchen gleichzeitig bei A ankommen sieht, so kommen die Lichtstrahlen für jeden anderen Beobachter in A ebenfalls gleichzeitig an. Unterschiedlicher Ansicht sind die Beobachter nur, wenn beide ausrechnen, wann die Vulkane ausgebrochen sind. Das Ereignis, dass die Lichtstrahlen bei A zusammentreffen, ist für alle Beobachter gleich.
Auf S. 41 zum kosmologischen Term: Tatsächlich fügte Einstein seinen Feldgleichungen einen kosmologischen Term hinzu, der bewirken sollte, dass das Universum statisch ist. Als er erkannte, dass das Universum sich ausdehnt, nahm er diesen Term aber nicht ‚stillschweigend’ heraus, sondern er nannte ihn ‚die grösste Eselei meines Lebens’.
Auf den Seiten 122 und 123 sind eine Reihe wichtiger Moleküle modellhaft aber sehr unglücklich abgebildet. So ist z. B. das CO2 Molekül ist gewinkelt gezeichnet. Wenn es so wäre, wäre Kohlendioxid bei Zimmertemperatur flüssig. Bei den anderen Molekülen verwirrt, dass die dreidimensionale Struktur falsch wiedergegeben ist. Zwar sind alle Atome als schief hinter einander liegende Kugeln gezeichnet, aber so, als wären sie alle Atome in einer Ebene. Wenn die grafische Darstellung den Eindruck erweckt, es handle sich um ein dreidimensionales Abbild, dann sollte die räumliche Anordnung auch einigermassen stimmen.
S. 240 Der Birkenspanner ist ein schlechtes Beispiel für die Evolution. Wenn in einem Gebiet durch Abgase die Birkenrinde dunkel wird, gibt es dort schon nach wenigen Generationen viel mehr weisse Birkenspanner als dunkle. Dabei verändert sich aber am Genpool nichts. Denn zu jeder Zeit gibt es sowohl weisse als auch dunkle Birkenspanner. Wenn die Birken weiss sind, überleben die weissen besser als die dunklen. Es hat sich aber nicht eine neue Eigenschaft entwickelt.
S. 285 Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass die Dinosaurier Warmblüter waren (siehe Adrian Desmond, ‚Das Rätsel der Dinosaurier’). Ditfurths Überlegungen, dass die damalige Tierwelt nachts still war, weil nur Warmblüter nachtaktiv sind, passen daher wohl nicht.
S. 310: Ausführlich beschreibt Ditfurth Versuche, die Georges Ungar und James McConnell in den 60er Jahren durchgeführt hatten und die angeblich zeigen, dass Erinnerung auf Molekülen, möglicherweise auf der RNA gespeichert werde. Bei den Versuchen wurde Plattwürmern mittels Licht und Elektroschocks ein bestimmtes Verhalten antrainiert. Danach wurden die Würmer zermalmt und anderen Würmern verfüttert, die danach dasselbe Verhalten schneller erlernen sollten. Die nicht ganz ernst gemeinte Empfehlung an Studenten lautet: „Verspeisen Sie Ihren Professor!“ – Tatsächlich konnten die Versuche nie überzeugend repliziert werden, was sich schon sehr bald abzeichnete, nachdem Hartry, Keith-Lee und Morton 1964 die Versuche unter strengeren Bedingungen wiederholt hatten und nachdem Jensen 1965 in einer Übersichtsstudie zeigte, dass sämtliche Studien, die eine Lernübertragung bei Plattwürmern nachgewiesen haben sollen, ernste methodologische Fehler aufwiesen (Ruch, Zimbardo, ‚Lehrbuch der Psychologie‘).
S. 346 Anmerkung 6: Zwar ist das Universum rund 13 Milliarden Jahre alt und bekanntlich kann sich nichts schneller als mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum bewegen. Das bedeutet aber nicht, dass wir nur 13 Milliarden Lichtjahre weit sehen können. Die entferntesten sichtbaren Galaxien sind heute wesentlich weiter als 13 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. Dies ist möglich, obwohl sie sich durch den Raum stets langsamer als das Licht bewegt haben. Aber weil der Raum zwischen uns und den Galaxien sich ausgedehnt hat, ist der Abstand heute doch viel grösser.
An mehreren Stellen wählt Ditfurth Worte, die leicht teleologisch missverstanden werden könnten: Als gäbe es einen Plan im Universum, als wäre schon immer eine höhere Intelligenz da gewesen, die gezielt auf den bewusst denkenden Menschen hingearbeitet hätte. Ditfurth erklärt diese Worte im Anhang damit, dass „unsere Sprache nun einmal unausweichlich ‚anthropozentrisch’ gebaut“ sei. „Deshalb aber sind diese scheinbar teleologischen Formulierungen das relativ beste Mittel, wenn es darauf ankommt, komplizierte Sachverhalte so kurz und einfach wie möglich darzustellen.“
Missverständlich sind die Formulierungen eben doch.
Neben diesen Ungenauigkeiten gibt es eine Reihe ausgezeichneter Erklärungen. Dennoch empfehle ich zu diesem Thema andere Bücher:
Zur Entstehung der Elemente Stephen Weinberg, ‚Die ersten drei Minuten’.
Zur Entstehung des Lebens Nick Lane, ‚Verblüffende Erfindungen der Evolution’.
Und zur Evolution des Bewusstseins ganz heiss empfohlen: Hoimar von Ditfurth, ‚Der Geist fiel nicht vom Himmel’.
Physik
Die ersten drei Minuten, Steven Weinberg, Piper (1998), ISBN: 9783492028387
Wie kommt ein Teilchenphysiker dazu, über den Beginn des Universums zu schreiben? – Steven Weinberg erhielt seinen Nobelpreis zusammen mit Abdus Salam und Sheldon Glashow für die Vereinheitlichung der elektromagnetischen Kraft, der starken und der schwachen Kernkraft. Die Weinberg-Salam-Glashow Theorie hat die Teilchenphysik revolutioniert. Mit dieser Arbeit befasst sich das vorliegende Buch aber kaum. Es befasst sich mit der Entstehung des Universums. Wie kommt Weinberg dazu, über den Urknall zu schreiben?
Die Elementarteilchen, mit denen sich die Weinberg-Salam-Glashow Theorie befasst, entstanden in den ersten drei Minuten des Universums, als dieses extrem heiss war. Bei solchen Temperaturen, wenn sich Materieteilchen fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, sehen die Kräfte praktisch gleich aus. Sie sind dann zu einer einzigen Kraft vereinheitlicht. Die Teilchenphysik sagt also nicht nur vorher, wie die Teilchen heute aussehen, sondern sie sagt auch, unter welchen Bedingungen welche Sorten von Teilchen entstehen. Wir können diese Vorhersagen in grossen Teilchenbeschleunigern überprüfen. Wir können aber auch das sehr frühe Universum anschauen und überlegen, welche Teilchen unter diesen Bedingungen entstanden sein müssen. Diese Teilchen sollten ja heute noch beobachtbar sein, sofern sie nicht wieder zerfallen sind.
Steven Weinberg erklärt allgemein verständlich, aber ohne unzulässige Vereinfachungen, wie die Physiker zu den Behauptungen gekommen, die noch heute das Standardmodell der Kosmologie bilden. Jede heute seriös diskutierte Theorie des Universums basiert auf diesen Überlegungen. Für alle, die sich mit Kosmologie befassen wollen, ist dieses Buch daher auch heute noch ein idealer Einstieg. Eine gute Ergänzung dazu ist das Buch ‚Ein Universum aus Nicht’ von Lawrence Krauss, in dem die aktuellen Beobachtungsdaten aufgeführt sind, die zeigen, dass das von Weinberg geschilderte Standardmodell sich in geradezu überwältigender Weise bestätigt hat. Siehe dazu: https://fragen-raetsel-mysterien.ch/urknall-und-kosmologische-modelle/ oder Lawrence Krauss, ‚Ein Universum aus Nichts‘.