Borer unternimmt eine recht offensichtliche Post-Hoc-Rationalisierung der Ergebnisse: Tatsächlich verfügt er über seine behaupteten Fähigkeiten, aber die Testsituation beim Kassensturz war nur falsch. Das Scheitern beim Kassensturz beweist so gesehen ja gerade, dass seine Behauptungen zutreffen!
Wie verhält es sich im Allgemeinen mit Menschen, die behaupten, elektromagnetische Strahlung (oder «Elektrosmog») wahrnehmen zu können? Nehmen elektrosensible Menschen wirklich war, was sie wahrzunehmen meinen?
Ein systematisches Review von 2005 zu diesem Thema, «Electromagnetic hypersensitivity: a systematic review of provocation studies.», widmet sich dieser Frage. Die Untersuchung kommt zum Schluss, dass die vorhandenen Studien zwar deutlich machen, dass elektrosensible Menschen oft an durchaus realen, wenn auch unspezifischen Symptomen wie Unwohlsein, Kopfschmerzen, Müdigkeit u.a. leiden. Dass aber ein Zusammenhang zwischen diesen Symptomen und dem Grad der nicht-ionisierenden elektromagnetischen Strahlung besteht, ist nicht demonstriert.
Daran anknüpfend ist die Frage ist, ob nicht-ionisierende Strahlung trotzdem für die Gesundheit schädlich sein kann, auch wenn sie unseren direkten Sinnen nicht erfahrbar ist. In bestimmten Situationen kann natürlich auch nicht-ionisierende Strahlung sehr wohl wahrnehmbar und sogar gefährlich sein: Wenn die Leistung hoch ist. Wenn wir beispielsweise sehr nah an einer Wärmequelle sind (also an einer Quelle für Infrarot-Strahlung), die Quelle mit genug Leistung strahlt, und wir der Quelle genug lange ausgesetzt sind, können z.B. Verbrennungen auftreten. Oder vereinfacht: In einer Mikrowelle können wir kochen, mit einer WLAN-Antenne nicht, weil der Mikrowellen-Ofen mit mehr «Power» betrieben wird.
Die Situation mit nicht-ionisierender Strahlung von sehr niedriger Leistung ist aber trotzdem grundsätzlich prüfenswert: Nicht zuletzt die heutzutage omnipräsenten Mobiltelefone machen deutlich, dass wir fast ununterbrochen wenig leistungsstarker elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt sind – steter Tropfen höhlt den Stein?
Wie z.B. die Ergebnisse des Nationalen Forschungsprogrammes 57 «Nichtionisierende Strahlung – Umwelt und Gesundheit» zeigen, ist in dieser Hinsicht Entwarnung angebracht. In den Ergebnissen des umfangreichen Verbundsprojektes werden als potentielles gesundheitliches Risiko Induktionsherde genannt: Weil beim Kochen eine möglichewerweise längere Bestrahlung nahe an der Strahlenquelle stattfindet, sei unklar, ob für schwangere Frauen keine Risiken gegeben seien, weil die Induktionskochherde mit verhältnismässig hoher Leistung strahlen.
Um nochmals auf Hans Peter Borer zurückzukommen: Sein Arbeitsinstrument ist, wie im Kassensturz-Beitrag ersichtiglich wird, die Wünschelrute. Diese mag einen nicht sonderlich ausgeklügelten Eindruck erwecken, hat es aber trotzdem in sich (zumindest preislich), wie ich beim Besuch einer Esoterikmesse im März dieses Jahres erfahren durfte (ab ca. 00:00:45 im Video):
Das Medium
Am 13. November stellte das «Medium» Pamina Fuchs ihre Künste unter Beweis stellen. Pamira Fuchs bietet auf Ihrer Homepage eine ganze Reihe von Dienstleistungen feil, darunter auch kreativ Betiteltes wie «Golden Light Healing».
Der Test für Fuchs war bemerkenswert: Sie wollte beweisen, dass sie in einem Blindttest fähig ist, konventionelle Nahrungsmittel von Bio-Nahrungsmitteln zu unterscheiden, und zwar nicht durch Verkostung, sondern allein durch Erspüren eines energetischen «Pulsierens», das Bio-Produkten angeblich eigen ist.
Pamina Fuchs (die unter dem Namen Pamina Cor zu arbeiten scheint), ist ebenfalls gescheitert; sie hat gar selber vorzeitig aufgegeben und den Test abgebrochen. Eine Begründung für ihre schlechte Darbietung liefert Parmina Fuchs direkt im der Sendung:
Es geht, Bio fühlt sich anders an. In diesem Raum hier habe ich das offensichtlich nicht fokussiert genau aufnehmen können.
Der Raum, in welchem getestet wurde, sei zu belebt, mit zu vielen Geistern; auch Studenten spüre sie noch. Wieder das gleiche Muster wie bei Hans Peter Borer: Die Testsituation ist schlecht, nicht die angeblichen Fähigkeiten.
Das für mich einzig Mysteriöse an diesem Test bleibt der Umstand, dass Pamina Fuchs ihre gemäss ihrer Homepage sehr breit gefächerten übersinnlichen Fähigkeiten ausgerechnet an Bio-Nahrungsmitteln festmachen wollte. Um den zweifellos vorhandenen tieferen Sinn hinter dieser Entscheidung zu erkennen, dürften aber ein paar Sessions Bewusstseins-Coaching nötig sein.
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