Wer dieser Tage durch Städte und grössere Gemeinden der Schweiz streift, kommt fast nicht umhin, eine bestimmte Joghurt-Werbung zu sehen:
Eine neue Joghurt-Variante – endlich, war doch die Auswahl bisher so klein!
Doch Scherz beiseite, dieser Joghurt ist anders, da er «ohne Kleingedrucktes» auskommt und aus nur 3 Zutaten besteht: Joghurt, Früchte und Zucker (Nein, es handelt sich nicht um eine rekursive Geschmacksrichtung; gemäss Wikipedia ist «Joghurt» im engeren Sinn nur durch Milchsäurebakterien verdickte Milch, und Joghurt mit Früchten ein «Joghurtmischerzeugnis»).
Auf der Webseite zum neuen Produkt wird erklärt, was «Jogurtpur» genau ist:
Joghurt also ohne «Firlefanz» (Aromen, Verdickungsmittel, Farb- und Konservierungsstoffe) und mit nur drei «natürlichen» Zutaten. Wer kann so einem verheissungsvollen Angebot widerstehen?
Und nein, auf der Etiketten-Innenseite sind nicht etwa alle Zusatzstoffe aufgelistet, die am Schluss vielleicht doch vorhanden wären; die Plakate schwindeln uns nichts vor:
Dennoch bleibt ein etwas fahler Beigeschmack. Aus werbelogischer Sicht scheint es unvernünftig, offen zu deklarieren, dass Zucker beigegeben wird – die meisten Leute assoziieren mit Fruchtjoghurt etwas «Gesundes» (quasi einen crèmigen Fruchtersatz), und wollen nicht wahrhaben, dass sie Süssigkeiten essen. Auch ist interessant, dass der Milchriese Emmi mit dieser Art der Werbung den Grossteil des eigenen Joghurt-Sortimentes angreift, der eben aus Produkten mit all dem «Firlefanz» besteht:
Aus skeptischer Sicht bleibt die Frage, was denn an dem «Firlefanz», also an Aromen, Verdickungsmitteln, Farb- und Konservierungsstoffen, schlimm sein soll. Die «Jogurtpur»-Werbung suggeriert, dass ein Gegensatz zwischen solchen Zusatzstoffen und «natürlichen» Zutaten bestehe, und das, was das Gegenteil von «natürlich» ist, muss ja schädlich sein (insbesondere die gefürchteten E-Nummern).
Die Verwendung von Zusatzstoffen in Lebensmitteln unterliegt in der Schweiz wie auch in ganz Europa strenger Regulierung, und sie werden erst zugelassen, wenn nach ausführlichen Untersuchungen eine Unbedenklichkeit für den Menschen naheliegend ist. So heisst es dazu im Faktenblatt des Bundesamtes für Gesundheit:
Die Zusatzstoffe gehören zu den am Besten untersuchten Substanzen in unserer Nahrung und werden nur in dem Masse zugelassen, bei welcher eine gesundheitliche Unbedenklichkeit für die Bevölkerung gegeben ist.
Das schliesst nicht aus, dass bestimmte Menschen bestimmte Zusatzstoffe nicht vertragen, und, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Zusatzstoffen im Lichte neuer Forschung revidiert werden können. Was aber stört, ist der Umstand, dass u.a. mit Marketing wie jenem zu «Jogurtpur» Zusatzstoffe mit dem Stigma des Ungesunden und des Gefährlichen versehen werden, und damit alles «Chemische» suspekt wird – obwohl wir heute eine bessere, gesündere und unbedenklichere Nahrungsmittelversorgung haben als je zuvor (Im Sinne von: Was im Laden zu kaufen ist, ist in der Regel nicht verdorben, vergiftet, verunreinigt, u.ä.. Dass wir leider immer mehr dieser toxikologisch tadellosen Nahrung verzehren und immer feister werden, ist natürlich ein anderes Problem.).
Abschliessend ein kleiner Marketing-Tipp an Emmi: Wenn das Label «natürlich» verwendet wird, wird, so meine ich, auch erwartet, dass die Früchte im Joghurt den «Bio»-Stempel haben.
3 Comments on “Skeptische Randnotiz: Emmi «Jogurtpur» – Pures Marketing?”
Endlich ein asbestfreies Yogurt!
Siehe http://xkcd.com/641/
Klingt logisch…aber der Joghurt ist fein 😀
Das Joghurt ist gut, aber viel zu teuer. 150 Gramm für 95 Rappen?!?. Jetzt habe ich aber gesehen, dass der Becher neu 175 Gramm beinhaltet auf für 95 Rappen. Und wieviel Zucker ist in einem Becher??? Anyway ich kaufe das Joghurt nur in der Aktion, die sehr häufig sind. EMMI hat sich den Start doch etwas leichter gedacht. Aber Gott sei dank, sind nicht alle Konsumenten blöd.