Die spanische Skeptiker-Organisation APETP (zu Deutsch: Organisation zum Schutz der Kranken vor Pseudomedizin) hat kürzlich das Europäische Manifest gegen Pseudomedizin verfasst. Dieses wurde nun schon in verschiedene europäische Sprachen übersetzt und das Ziel ist es, in kurzer Zeit möglichst viele Signatoren aus der Welt der Wissenschaft und auch aus der breiteren Öffentlichkeit zu gewinnen.
Die Skeptiker Schweiz befürworten die Initiative unserer spanischen Kollegen, und wir empfehlen, diese mit einer Unterzeichnung zu unterstützen. Dennoch möchten wir an dieser Stelle einige Aspekte des Manifestes diskutieren, um Missverständnisse zu vermeiden:
- Das Manifest hebt mehrere Einzelfälle hervor. Solche Einzelfälle, wie gewandte Skeptiker/innen wissen, eignen sich alleinstehend nicht, um Therapiemethoden zu widerlegen. Sie eignen sich jedoch, um eine bildliche Vorstellung des möglichen Schadens solcher Therapien zu produzieren und dadurch nicht nur bei abstrakten Statistiken zu bleiben.
- Nicht alle Einzelfälle sind glücklich gewählt. Die Einzelfälle wurden offensichtlich über eine weite geographische Region zusammengetragen, ebenfalls zwecks Veranschaulichung. Der Fall der in Russland verstorbenen Krebspatientin ist etwas komplexer. Ihr Ableben ist sicher auch dem grundlegenden Schweregrad ihrer zunächst lange nach wissenschaftlichen Methoden behandelten Erkrankung geschuldet. Die Nutzung einer pseudomedizinischen Heilmethode scheint hier eher ein Griff zum letzten Hoffnungsschimmer gewesen zu sein, nachdem beim wiederholten Rückfall die etablierten medizinischen Methoden nicht mehr wirksam schienen.
- Der Wortlaut des Manifests ist sehr scharf gewählt. Man könnte bisweilen den Eindruck haben, den Anwendern der zitierten pseudomedizinischen Methoden werde direkt die bewusste Tötung durch Fehlbehandlung oder unterlassene Behandlung von Patienten vorgeworfen. Jeder Mensch, der sich schon einmal mit solchen Therapeuten unterhalten hat, wird jedoch wissen, dass diese in aller Regel das Beste für ihre Patienten wünschen, jedoch medizinisch, wissenschaftlich und empirisch teilweise beängstigend fehlgeleitet sind. Dies ist zumeist die Ursache für ihr medizinisch schädliches Wirken, während kriminelle Absichten nur in sehr seltenen Ausnahmefällen eine Rolle spielen.
Insgesamt ist es aber höchste Zeit, dass ein lauter, gesamteuropäischer Aufruf gegen pseudowissenschaftliche Methoden in der Medizin ertönt, so dass wir trotz den erwähnten Vorbehalten auf der Detailebene dem Manifest insgesamt zustimmen und eine Unterzeichnung empfehlen.
Der Vorstand der Skeptiker Schweiz