Was ist kritisches Denken?
Denken Sie kritisch?
Wahrscheinlich ist Ihre Antwort ein klares Ja. «Kritisches Denken» verstehen wir nämlich intuitiv als eine durchaus erwünschte Charaktereigenschaft. Wer kritisch denkt, denkt selbstständig und ist nicht naiv, glaubt nicht einfach so alles. Wer kritisch denkt, geht wohlüberlegt den eigenen Weg, ist kein Schaf in der Herde.
Doch was genau macht kritisches Denken aus? Wie genau kann kritisches Denken definiert werden, damit es nicht nur eine diffuse Idee bleibt, sondern ein konkretes Werkzeug wird? Die Definition an dieser Stelle ist unserem Diskussionspapier zum Thema1 entommen.
Kritisches Denken ist eine metakognitive Fähigkeit
Kritisches Denken kann folgendermassen verstanden werden:
Kritisches Denken ist eine metakognitive Fähigkeit für die Evaluation von Wahrheitsbehauptungen. Kritisches Denken besteht aus drei Komponenten: Dem Minimieren logischer Fehlschlüsse, dem Minimieren kognitiver Verzerrungen, sowie einer probabilistischen Erkenntnistheorie.
Im ersten Teil dieser Definition wird kritisches Denken als metakognitive Fähigkeit bezeichnet. Das bedeutet, dass kritisches Denken ein Denken über das Denken ist. Weiter wird postuliert, dass kritisches Denken für die Evaluation von Wahrheitsbehauptungen angewendet werden kann. Wahrheitsbehauptung meint eine Behauptung über die objektive Realität, welche in einem bestimmten Masse mit der Realität korrespondiert, oder eben auch nicht.
Kritisches Denken besteht aus drei Komponenten: Dem Minimieren logischer Fehlschlüsse, dem Minimieren kognitiver Verzerrungen, sowie einer probabilistischen Erkenntnistheorie. Diese sind in den nächsten Abschnitt kurz erklärt.
Minimieren logischer Fehlschlüsse
Wir machen Schlussfolgerungen über die Welt dadurch, dass wir Argumente aufstellen: Wir postulieren Prämissen und ziehen aus diesen Prämissen logisch schlüssige Schlussfolgerungen. Nur gelingt uns das nicht immer, denn wir begehen oftmals logische Fehlschlüsse2.
Kritisches Denken bedeutet ein Denken, welches darauf ausgelegt ist, logische Fehlschlüsse – sowohl formale wie auch informale – zu vermeiden.
Minimieren kognitiver Verzerrungen
Unser automatisiertes Denken funktioniert meistens gut genug, um uns durch den Alltag zu manövrieren. Dabei bedienen wir uns unterschiedlicher kognitiver Heuristiken, um mit möglichst wenig kognitivem Aufwand eine einigermassen taugliche Schlussfolgerung zu erreichen. Diese Heuristiken können bisweilen aber auch zu deutlich falschen Schlüssen führen, und darum werden sie oftmals als kognitive Verzerrungen bezeichnet3.
Kognitive Verzerrungen lassen sich wohl nicht ganz abschalten, da sie fester Bestandteil unseres Hirnes sind. Es ist aber möglich, gezielt in einen langsamen Denkmodus zu wechseln, um kognitive Verzerrungen zu vermeiden. Diese Form des langsamen Denkens ist Teil kritischen Denkens.
Probabilistische Erkenntnistheorie
Wir wollen gerne Sicherheit haben. Wir wollen wissen, dass Zusammenhänge und Kausalitäten eindeutig und sicher sind, wie sie sind; wir tun uns eher schwer damit, zu akzeptieren, dass es auch Unsicherheiten gibt. Unsere Alltags-Epistmologie ist deterministischer Natur, denn eine solche ad hoc-Erkenntnistheorie vermittelt uns die Illusion von Gewissheit.
Unser Zugang zur Realität ist aber nicht deterministisch und nicht immer sicher – wir können Wahrscheitsbehauptungen immer nur verbunden mit einem bestimmten Mass an Ungewissheit machen. Bei kritischem Denken gilt es, diese Ungewissheiten explizit in Form einer probabilistischen Epistemologie zum Ausdruck zu bringen.
Literatur
- Kovic, Marko. 2016. “A Generalized Definition of Critical Thinking.” Swiss Skeptics Discussion Paper Series 1 (1). URL: https://www.skeptiker.ch/a-generalized-definition-of-critical-thinking/. [↩]
- Wie unsauber wir argumentieren: Logische Fehlschlüsse. URL: https://www.skeptiker.ch/themen/logische-fehlschluesse/ [↩]
- Wie unzuverlässig wir denken: Kognitive Verzerrungen. URL: https://www.skeptiker.ch/themen/kognitive-verzerrungen/ [↩]