Im Kiosk-Regal (ja, das gibt es noch) lächelt mir «Das grosse Horoskop 2014» entgegen; diese charmante Einladung kann ich nicht ablehnen. Kaum haben wir uns kennengelernt – die Beziehung ist noch ganz oberflächlich – , lockt «Das grosse Horoskop 2014» schon mit intimen Details: «Ganz neue Erkenntnisse» werden versprochen.

Wären es bloss «neue Erkenntnisse», ich hätte mir die 3.80 Franken wohl gespart, aber sich «ganz neuen Erkenntnissen» zu verschliessen, wäre unvernünftig.

Ungeduldig blättere ich im Heftli umher, um die ganz neuen Erkenntnisse zu finden (ich gehöre zu jenen Leuten, die zu faul sind, das Inhaltsverzeichnis anzuschauen und stattdessen wild drauflos blättern, was letztlich mehr Zeitverlust bedeutet als ein Blick ins Inhaltsverzeichnis bedeutet hätte), und ich finde sie erst auf der letzten Doppelseite.

Die ganz neue Erkenntnis ist, dass wir nicht nur Tierkreiszeichen haben, sondern auch Mondzeichen. «Sie müssen jetzt also nur herausfinden, in welchem Zeichen der Mond bei Ihrer Geburt stand», werde ich aufgefordert, und netterweise wird dabei auch grad ein Buch empfohlen, das mir dabei helfen kann.

Aber in der Tat, das ist eine ganz neue Erkenntnis: Wir alle haben zwei Sternzeichen! Das bedeutet, dass die Astrologie endlich Fortschritte macht und von alten, im Lichte der ganz neuen Erkenntnisse sehr kruden Modellen, die nur das eine Sternzeichen beachten, wegkommt. Eine astrologische Revolution bahnt sich an!

Als ob dieser Schock nicht Schock genug wäre, wird noch eine weitere astrologische Revolution in demselben Heft ausgerufen – das Blumenhoroskop!

«jeder Mensch ist eine Blüte». lerne ich, und blicke mit gewärmtem Herzen aus dem Fenster. Leider sehe ich keine Blumenpracht, sondern nur kahle Bäume und matschigen Schnee.

Etwas enttäuscht und wieder an den ganz neuen Erkenntnissen zweifelnd, blättere ich weiter, bis plötzlich mein Atem stockt – «Engel sind Wirklichkeit», wird da verkündet!

An der Wirklichkeit von Engeln gibt es keine Zweifel, wie die «Heilerin und mediale Schriftstellerin» Diane Cooper erklärt:

Wie können wir sonst – allein mit unseren beschränkten menschlichen Sinnen ausgestattet – mit Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen dahinrasen, ohne mit anderen zusamenzustossen?

Haben wir uns das nicht alle schon Mal gefragt?

Nur macht mir ein kleiner Satz etwas Sorgen:

Engel sind stets bei uns, auch wenn wir sie nicht sehen können. Öffnen Sie sich den himmlischen Wesen, dann werden Sie sie spüren.

Ja ja, immer die gleiche Leier: Zuerst werden «In jeder Lebenslage Schutz, Beistand und Trost» versprochen, am Schluss geht es aber doch wieder nur um phantasmagorische Ferkeleien!